Neben Knie- und Hüftproblemen leiden viele Sportler während und nach dem Beugen an Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Von Experten wird dafür häufig der sogenannte „Butt-Wink“ verantwortlich gemacht. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Bewegung des Beckens, die während des Absenkens in die Hockposition auftreten kann. Allerdings wird dieses Thema in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Lesen Sie im Folgenden welche Gründe für das Auftreten des Butt-Winks angeführt werden, warum er unter anderem als gesundheitsgefährdend eingestuft wird und welche Empfehlungen zur Vermeidung des Butt-Winks existieren.

Was genau ist der Butt-Wink?

Der Begriff Butt-Wink oder auch „Posterior Pelvis Tilt“ beschreibt die Veränderung der Position des Beckens und somit der unteren Wirbelsäule bei der tiefen Kniebeuge. Wenn sich die Wirbelsäule am tiefsten Punkt der Kniebeuge nicht mehr in ihrer natürlichen Lordose befindet, sondern im Bereich der Lendenwirbelsäule „rund“ wird, spricht man von einem „Butt-Wink“. Das Becken wird dabei “unter den Körper” gezogen und die Lendenwirbelsäule in eine gebeugte Position gebracht.

Funktionen unserer großen Gelenke (Sprunggelenke, Knie, Hüfte und Schultern) verdeutlicht.

 

So entsteht der Butt-Wink

Der Butt-Wink wird häufig von den anatomischen Strukturen vorgegeben. So gelangt bei vielen Menschen der Hüftknochen ab einem gewissen Grad der Beugung innerhalb der Hüftpfanne in eine anatomisch bedingte Endposition. Wann dieser Punkt erreicht wird, ist individuell unterschiedlich und wird größtenteils durch die unveränderlichen anatomischen Merkmale „Hüftpfannentiefe“, „Form des Oberschenkelkopfes“ und „Winkel von Oberschenkelhals zu Oberschenkelknochen“ bedingt. Um beim Beugen dennoch mehr Tiefe zu ermöglichen, wird das Becken unter den Körper gezogen, so dass die Bewegung fortgeführt werden kann. Sichtbar wird das als ein Kippen des Beckens und ein Einrunden des unteren Rückens.

 

Ein weiterer Ansatz zur Erklärung des Entstehens des Butt-Wink findet man auf muskulärer Ebene. Ob allerdings muskuläre Begebenheiten einen Butt-Wink hervorrufen können, ist umstritten. Im Fokus der Debatte stehen hier die Hamstrings, die hintere Oberschenkelmuskulatur. Sind diese verkürzt, soll sich das limitierend auf den Bewegungsablauf auswirken – der Athlet könne nicht so tief nach unten gehen. Studien zeigen allerdings, dass die Hamstrings beim Beugen beinahe keine Längenänderung vornehmen. Sie arbeiten zweigelenkig, das heißt sie beugen die Knie und strecken die Hüfte. So werden die Längenänderungen bei der Kniebeuge gegenseitig beinahe aufgehoben, da die Hamstrings an der Hüfte gedehnt und durch das Beugen der Knie verkürzt werden (Rippetoe, 2015).

Der Butt-Wink entsteht jedoch nicht ausschließlich durch unveränderliche anatomische Strukturen. Bei unerfahrenen Sportlern kann ein wichtiger Faktor sein, dass es diesen an der muskulären Ansteuerung und der kinästhetischen Wahrnehmung im unteren Rücken mangelt. Die Rückenstrecker sorgen dafür, dass die natürliche Krümmung während des Beugens aufrechterhalten werden kann. Wenn diese Muskeln in der Bewegung nicht kontrahiert werden können, kann dies dazu führen, dass durch das Verlieren der Spannung das Becken kippt und die Wirbelsäule sich krümmt. Das Problem liegt also zum einen in der fehlenden Ansteuerung und zum anderen in der Wahrnehmung, ob die Wirbelsäule „gerade“ oder „rund“ ist.

Der womöglich ausschlaggebendste Einflussfaktor ist die Beweglichkeit der Sprunggelenke. Bei der tiefen Kniebeuge ist es wichtig, dass die Knie weit nach vorne geschoben werden können. Hierfür ist jedoch eine gute Dorsalflexion der Sprunggelenke notwendig, die vielen unerfahrenen Sportlern fehlt. Bei mangelnder Mobilität bleiben die Knie weiter hinten und das Becken kippt, um den Körperschwerpunkt über den Füßen und das Gleichgewicht zu halten.

Ist der Butt-Wink schädlich?

Auch bei dieser Frage sind sich die Experten nicht einig. Diejenigen, die den Butt-Wink als gesundheitsgefährdend einstufen, sehen bei dieser Übungsausführung eine extreme Belastung der Bandscheiben im unteren Rücken. Auch könne die Stabilität der Wirbelsäule während der unteren „Beuge-Streck-Sequenz“ nicht aufrechterhalten werden. Spezifische Studien zur Untersuchung des Butt-Winks, also ob das Kippen des Beckens beim Beugen zu Schädigungen an der Wirbelsäule führen kann, fehlen allerdings. Die Beuge-Streck-Sequenz die während des Butt-Winks in der Wirbelsäule abläuft, wurde jedoch unabhängig von der Kniebeuge untersucht. Hierbei kamen Veres et al. (2009) zu dem Ergebnis, dass dies zu Schädigungen der Bandscheiben führen könne.

Ebenfalls in der Diskussion stehen Probleme, welche im Ilio-Sakral-Gelenk auftreten können. Um die fehlende Stabilisierung im Rumpf beim Beugen mit dem Butt-Wink auszugleichen, müssen die Bandstrukturen um die Gelenke Höchstleistungen vollbringen und die auftretenden Kräfte in den Gelenken vergrößern sich. Bei dieser Betrachtungsweise sollte allerdings zwischen zwei unterschiedlichen Arten der Kniebeuge unterschieden werden: Der Kniebeuge ohne Zusatzgewicht – dem “Bodyweight-Squat” – und der Kniebeuge mit Zusatzgewicht – dem „Front-/Back Squat“.

Bei der Kniebeuge ohne Zusatzgewicht ist eine möglichst tiefe Endposition (Ass-to-grass) wünschenswert. Ob das Auftreten des Butt-Winks problematisch sein kann, muss bei dieser Übungsvariante von Fall zu Fall entschieden werden. Eine genaue Beobachtung von Seiten des Trainers ist nötig. Tritt der Butt-Wink nicht zu früh ein und ist die Krümmung der Wirbelsäule nicht zu extrem kann die Problematik auch mal vernachlässigt werden, da schließlich kein zusätzliches Gewicht auf die Gelenke einwirkt. Besonderes Augenmerk sollte auf frühere Verletzungen der Lendenwirbelsäule gelegt werden. Hatte der Sportler in der Vergangenheit bereits Probleme im Bereich der LWS, so sollte der Fokus auf die Position des Beckens im Verhältnis zur Wirbelsäule beim Beugen gelegt werden. Ein leichter Butt-Wink bei Kniebeugen ohne Zusatzgewicht ist demnach ohne eine vorherige Verletzung des Sportlers nicht schädlich, da die Belastung dabei auch im Ilio-Sakral-Gelenk gering ist.

Bei der Kniebeuge mit Zusatzgewicht stellt sich die Sachlage etwas anders dar. Durch das zusätzliche Gewicht erhöht sich das Risiko für Verletzungen beim Beugen mit einem deutlichen Butt-Wink. Auch hier sollte darauf geachtet werden, zu welchem Zeitpunkt der Abwärtsphase das Becken unter den Körper gezogen wird. Der bereits beschriebe Verlust der Stabilität des Rumpfes durch das Kippen des Beckens könnte mit Zusatzgewicht zu Schädigungen führen. Diese Schädigungen müssen dabei nicht sofort auftreten, sondern können sich über Monate oder gar Jahre summieren und sich zu einem späteren Zeitpunkt durch Schmerzen und weitere Einschränkungen bemerkbar machen.

Egal welche Übungsvariante gewählt wird – im Idealfall sollte die natürliche Krümmung der Wirbelsäule bei Kniebeugen beibehalten werden. Der Rücken also während der gesamten Bewegung gerade gehalten werden. Bei Kniebeugen mit Gewicht sollte bei einem deutlichen Butt-Wink die Ausführung jedoch gestoppt werden, um Verletzungen der Bandscheiben und des Ilio-Sakral-Gelenks zu vermeiden.

 

Wie kann ich den Butt-Wink vermeiden?

Wie bereits beschrieben wird der Butt-Wink häufig durch anatomische Gegebenheiten bedingt. Eine Verminderung der Bewegung ist demnach nur schwer zu erreichen. Studien zeigen allerdings, dass die Mobilisierung bzw. die Verbesserung der Beweglichkeit der Sprunggelenke in der Dorsalflexion zu einer besseren Squat-Mechanik führen. Im Ergebnis wird die Krümmung der Lendenwirbelsäule meistens nicht komplett verhindert jedoch zumindest vermindert. Dies könnte demnach eine gute Herangehensweise für Athleten mit extremem Butt-Wink darstellten, um dadurch trotzdem Kniebeugen in ihrem Trainingsplan einzusetzen.

Zusätzlich kann es für Athleten mit extremen Butt-Wink von Vorteil sein mit Keilen unter den Fersen bzw. mit Gewichtheberschuhen zu arbeiten, um die Knie beim Beugen weiter nach vorne über die Füße zu schieben. Kniebeugen mit viel Zusatzgewicht sollten jedoch nicht auf einem instabilen Untergrund durchgeführt werden.

Bei einigen Athleten beugt sich die Lendenwirbelsäule erst, wenn die Hüfte deutlich unter parallel abgesenkt wird. Hier kann es eine Lösung sein, dass die Kniebeuge nur bis unter parallel ausgeführt wird und die Hüfte nicht bis zum End Range of Motion abgesenkt wird. Zudem kann es helfen, die Beweglichkeit der Hüfte zu optimieren.

Für unerfahrene Athleten mit Schwierigkeiten den unteren Rücken während des Beugens richtig anzusteuern, kann es helfen den unteren Rücken im Vorfeld zu aktivieren und so ein leichtes „brennen“ des Muskels zu erzeugen. Dadurch kann während der Kniebeuge dieses brennen erneut hervorgerufen werden, um die richtige Position der Wirbelsäule beizubehalten (Rippetoe, 2015). Dies kann beispielsweise durch die Übung „Superman“ erreicht werden, bei der sich der Athlet auf den Bauch legt und Arme und Beine gestreckt anhebt (10-20 Wiederholungen).

 

Zusammenfassung

Der Butt-Wink ist seit Jahren Gegenstand hitziger Diskussionen innerhalb von Expertenkreisen. Man sollte allerdings in den Debatten klar zwischen Kniebeugen mit Zusatzgewicht und ohne Zusatzgewicht unterscheiden. Gute Trainer sollten die Gefahr eines extremen Butt-Winks kennen und ihren Athleten geeignete Maßnahmen zum Gegensteuern anbieten. Veränderungen in der Bewegungsausführung sind nur schwer möglich, wenn die anatomischen Strukturen der Athleten eine entscheidende Rolle spielen. Eine hilfreiche Möglichkeit zur Minderung des Butt-Winks stellt grundsätzlich die Verbesserung der Dorsalflexion dar, wodurch es vielen, jedoch nicht allen, Athleten möglich ist eine saubere Kniebeuge auszuführen.

 

Quellen

Campos, M. H., Alaman, L. I., Seffrin-Neto, A. A., Vieira, C. A., DE Paula, M. C. & DE Lira, C. A. (2016). The geometric curvature of the lumbar spine during restricted and unrestricted squats. The Journal of Sports Medicine and Physical Fitness.

Maheshwari, A. V., Zlowodzki, M. P., Siram, G. & Jain, A. K. (2010). Femoral neck anteversion, acetabular anteversion and combined anteversion in the normal Indian adult population: A computed tomographic study. Indian Journal of orthopaedics, 44(3), 277.

McKean, M. R., Dunn, P. K., & Burkett, B. J. (2010). The lumbar and sacrum movement pattern during the back squat exercise. The Journal of Strength & Conditioning Research, 24(10), 2731-2741.

Rippetoe, M. (2015). Starting StrengthEinführung ins Langhanteltraining (2. Auflage). München: riva.

Schoenfeld, B. J. (2010). Squatting kinematics and kinetics and their application to exercise performance. The Journal of Strength & Conditioning Research, 24(12), 3497-3506.

Veres, S. P., Robertson, P. A. & Broom, N. D. (2009). The morphology of acute disc herniation: a clinically relevant model defining the role of flexion. Spine, 34(21), 2288-2296.