Kontrollierte Gelenksrotationen (“CARs”)

Ein System für gesunde Gelenke, ein einfaches und täglich überprüfbares Selbst-Assessment- und Rehabilitationstool in Einem.

Bei den kontrollierten Gelenksrotationen bzw. CARs (controlled articular rotations) handelt es sich vereinfacht gesagt um die Idee, dass wir unsere Gelenke jeden Tag durch ihren größtmöglichen aktiven Bewegungsradius führen sollten.

Kontrollierte Gelenksrotationen sind vor allem durch Vorreiter wie Max Shank und Steve Maxwell in den Interessensblickpunkt gerückt. Doch erst durch die Aufarbeitung der wissenschaftlichen Hintergründe von Dr. Andrea Spina, Gründer des Functional Range Systems, ist daraus ein ganzheitliches System entstanden.

Kontrollierte Gelenksrotationen sollten als die Basis für gesunde und funktionierende Gelenke gelten.

Sie sind wie ein Schweizer Taschenmesser zu verstehen. Wir haben mit diesem System diverse Möglichkeiten:

Rotationen als Mobility-Routine

Hier greift das Prinzip „Use it or lose it“. Sofern wir die Übungen jeden Tag durchführen erhalten wir uns unsere Fähigkeit die Gelenke zu bewegen. Dies klingt erst einmal sehr banal. Doch wenn wir unsere Arme zum Beispiel so gut wie nie über unseren Kopf heben, so verlieren wir über kurz oder lang die Fähigkeit dies zu tun. Vergleichbar ist dies mit dem Beispiel des eingegipsten Arms bei einem Bruch. Die Muskulatur schwindet und die Kraft geht verloren, da wir den Arm über eine längere Zeit nicht bewegen können. So ist es auch mit den Gelenken.

Rotationen als Assessment-Tool

Die Rotationen der Gelenke können als tägliches Check-Up für unsere Gelenkskapazität gelten. Je häufiger ich die Bewegungen ausführe, desto mehr lerne ich meinen IST-Zustand von Tag zu Tag abzuschätzen. Sofern ich die Übungen dann jeden Tag ausführe, kann ich meinen „normalen“ Zustand mit dem aktuellen Zustand abgleichen. Fühlt sich die Schulterrotation heute schlechter an als gestern? Dann sollte ich evtl. nicht schwer über Kopf heben oder mein Warm-Up nochmals intensivieren. Schmerzt die Hüfte beim Rotieren? Kniebeugen sind heute wohl nicht die beste Wahl. Der tägliche Check dient dem Zweck das aktuelle körperliche Befinden wahrzunehmen und einzuschätzen. Dies kann sich verletzungsmindernd auswirken.

Rotation als Rehabilitations-Tool

Befinden wir uns in einem Rehabilitationsprozess, so können CARs dazu dienen verletzte Struktur auf den Weg der Besserung zu bringen und Heilungsprozesse zu unterstützen. Wer um Beispiel ein Supinationstrauma des Sprunggelenkes erleidet – als „umknickt“ – der kann mit minimalen Rotationsbewegungen der Sprunggelenke vorsichtig Bewegung auf das verletzte Gelenk bringen. Das Gleiche gilt für Schmerzen im Handgelenk, den Schultern oder der Hüfte. Hier möchte ich gleichzeitig den Hinweis aussprechen, dass jede Verletzung individuell betrachtet werden sollte, Schmerzen multifaktoriell sind und es eine Patentlösung nicht geben kann. Bespreche dich in diesem Fall bitte immer mit einem Therapeut deines Vertrauens.

RESET Mobility CARs Rotation

Aktive kontrollierte Rotationen bestehen aus drei Faktoren:

Kontrolle

Die Rotationsbewegungen sollten immer kontrolliert durchgeführt werden. Durch die kontrollierte Führung der Gelenksbewegung verbessern wir die Kommunikation zwischen unserem zentralen Nervensystem und dem Gelenk. Kontrolle bedeutet für unser Gehirn „Sicherheit“. Sicherheit bedeutet mehr Leistungsfähigkeit, mehr Bewegungsradius und mehr Kraft. All diese Faktoren werden vorwiegend vom zentralen Nervensystem beeinflusst.

Rotation

Durch die größtmöglichen Rotationsbewegungen sprechen wir den Großteil unserer Rezeptoren in unseren Gelenken an. Vor allem die Gelenkskapsel beherbergt eine Vielzahl an sogenannten Mechanorezeptoren. Nach dem Prinzip „Use it or loose it“ werden die Rezeptoren bei Bewegung aktiviert oder – bei  Nichtgebrauch – über kurz oder lang aus unserem System entfernt. Die Kommunikation von Gelenk und Gehirn erfolgt aber vorwiegend auf Basis der sensorischen Informationen, die über diese Rezeptoren via afferentem Nervensystem zum Gehirn geleitet werden. Fehlen diese Informationen oder sind durch Nichtgebrauch oder gar Verletzung gestört, so liefern sie kein gutes Abbild der Verhältnisse im und rund um das Gelenk. Dies führt wiederum zu einer potentiell höheren Gefahrenannahme unseres Gehirns, was sich leistungsmindernd oder gar schmerzhaft auswirken kann. Dies ist vergleichbar mit einem schlechten GPS-Signal. Kommt das Signal nur alle 1-2 Minuten, so finden wir wohl nur schwer unser gewünschtes Ziel. So ähnlich funktioniert unser körpereigenes GPS-System. Merke: Schlechter sensorischer Input führt zum schlechtem motorischen Output  

Aktive Bewegung

Führen wir die kontrollierten Rotationen aktiv aus, so ist unser Nervensystem zu 100% involviert. Passive Varianten finden dabei vor allem in der Frührehabilitation ihren Nutzen. Sofern wir die Bewegung ohne Schwung und ohne passive Hilfsmittel ausführen, bewegen wir uns immer innerhalb unserer körperlichen Kapazität. CARs können demnach sowohl in der Rehabilitation als auch im alltäglichen Gebrauch wie im Training durchgeführt werden.

Kontrollierte Rotationen können ein wenig mit dem täglichen Zähneputzen verglichen werden. Beim Zähneputzen kümmern wir uns die tägliche Sauberkeit unserer Zähne. Würden wir dies nicht tun, so würde unsere Ernährung zu einem schnelleren Verschleiß der Zahngesundheit führen.

Bei unseren Gelenken ist dies nicht anders. Wir müssen für tägliche Bewegungsreize sorgen, um die Gelenksgesundheit so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.

Doch was unterscheidet CARs von einfachem Gelenke kreisen? Dr. Andrea Spina, Gründer des bereits erwähnten Functional Range Systems benennt die Unterschiede wie folgt: Ist ein Gelenk durch bekannte oder unbekannte Gründe in seiner Bewegungskapazität eingeschränkt, so ist auf eine Verbesserung der kapsulären Gegebenheiten des Gelenks zu achten. Heißt: Nur weil ich meine Schulter kreise, heißt dies nicht, dass ich alle nötigen Strukturen so belaste, dass sie in ihrer individuellen Funktion ihre Aufgabe korrekt erfüllen. Das Resultat der kreisenden Bewegung eines nicht optimal funktionierenden Gelenks sind Ausweich- und Stoppbewegungen. Einfaches Armekreisen würde diese Einschränkungen nicht beheben. Sind Ausweich- und Stoppbewegungen beim Kreisen vorhanden, so fehlt gar die strukturelle und neuronale Kapazität diese Bewegung auszuführen. Mit den kontrollierten Gelenksrotationen entdecken wir solche vermeintlichen „Fehler“ und können durch gezielte Maßnahmen direkt intervenieren.

Wie führe ich die Gelenkrotationen nun richtig aus? Zu Beginn bauen wir Spannung im gesamten Körper auf. Diese Spannung (im Englischen „Irradiation“) sorgt dafür, dass sich wirklich nur die Struktur bewegen lässt, die wir bewegen möchten. Ausweichbewegungen sind so gut zu vermeiden. Zusätzlich erreichen wir eine Aktivierung weiterer Mechanorezeptoren, was sich wiederum positiv auf den sensorischen Input auswirkt. Je mehr Spannung wir aufbauen, desto eher verschiebt man die Übung Richtung Training, je weniger Spannung wir haben desto eher handelt es sich um eine Übung zum Erhalt des Bewegungsumfang und damit der Gelenksgesundheit. 20-30% der maximalen Kraft sind dabei etwa für die tägliche Routine aufzuwenden. 50-70% beim Warm-up und mehr als 80% liegen im Bereich der Steigerung unserer Leistungsfähigkeit. Möchten wir die kontrollierte Rotation der Schulter durchführen, so Heben wir den Arm in einer nach außen rotierten Position (Handfläche zeigt nach vorne) leicht diagonal vor dem Körper nach vorne oben, bis sich unser Bizeps neben dem Kopf befindet. Anschließend rotieren wir unsere Schulter in eine Innenrotation (Handfläche dreht Richtung Boden) und führen die Bewegung weiter nach hinten fort, bis sich die Hand mit den Knöcheln neben der Hüfte befindet. Anschließend führen wir den Arm in gleicher Weise zurück nach oben und wieder in die Ausgangsposition.

Zu Beginn reichen zwei bis drei Wiederholungen. Die Geschwindigkeit sollte zu Beginn sehr langsam sein, um maximale Kontrolle zu gewährleisten.

CARs sollten im besten Fall jeden Tag für jedes Gelenk durchgeführt werden.  In unserem Alltag bewegen wir unsere Gelenke so gut wie nie durch den größtmöglichen Bewegungsradius. Dadurch werden manche Positionen teilweise über Jahre selten bis nie eingenommen. Wie wir bereits erfahren durften wird jede Position, die wir nicht regelmäßig einnehmen, von unserem Körper über Dauer als unnötig eingestuft, weshalb die Rezeptoren in diesem Bereich zurückgebildet werden. Für den Erhalt der Gelenksgesundheit sind die kontrollierten Gelenksrotationen deshalb unumgänglich.

Am Ende sei noch gesagt:

Kontrollierte Gelenksrotationen sind zwar ein geeignetes Tool um jeden Tag die Gelenke zu bewegen; sie sind allerdings alles andere als ein Wundermittel. Es benötigt viel Wiederholung, Reiz und Geduld den Körper gesund zu halten. Kontrollierte Gelenksrotationen können dich auf diesem Wege unterstützen. Gleichzeitig ist vielseitige Bewegung unabdingbar und sollte ebenfalls als Basis für körperliche Gesundheit angesehen werden.

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